Die Zulassung von Glyphosat – auf den Spuren einer Geisterjagd

Die Zulassung von Glyphosat – auf den Spuren einer Geisterjagd

Die Debatte um die Zulassung von Glyphosat gibt es schon lange. Und sie wird sehr emotional geführt.

Zunächst einmal sollte sich damit auseinandergesetzt werden worum genau es sich bei dieser viel diskutierten Substanz handelt. Glyphosat ist ein Wirkstoff, der in Pflanzenschutzmitteln als Unkrautvernichter (Herbizid) eingesetzt wird. Es ist das meist genutzte Herbizid der Welt, auch in der EU, und findet bereits seit mehreren Jahrzehnten Anwendung. Es wurde ausführlich sowohl durch die Mitgliedsstaaten der EU, als auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geprüft und wird in Europas Landwirtschaft hauptsächlich vor der Aussaat eingesetzt, um die Felder frei von Unkraut zu machen, bevor die Samen der Nutzpflanzen, beispielsweise Mais oder Getreide, aufs Feld ausgebracht werden. Dadurch wird die Notwendigkeit des Ackerpflügens minimiert, die Bodenerosion und CO2-Emissionen der Agrarwirtschaft reduziert sowie der Ertrag der Nutzpflanzen gesteigert, welche daraufhin nicht in Anwesenheit von wasser- und nährstoffraubenden Unkräutern wachsen müssen. Die große Beliebtheit des Pflanzenschutzmittels ist also kein Zufall. Glyphosat birgt einen ungeheuren Nutzen für die Landwirtschaft.

Andererseits ist das Verbot von Glyphosat eines der Lieblingsziele grüner Politik und zahlreicher NGO’s wie etwa Greenpeace, welche in Kampagnen zum Verbot aufrufen und in großem Maßstab Ängste darüber schüren. Das angeblich krebserregende Pflanzenschutzmittel berge große Gefahren für alle – Mensch, Tier und Umwelt. Zuletzt hat sich im Dezember 2017 die Europäische Kommission mit einer Bürgerinitiative zum „Verbot von Glyphosat und Schutz von Menschen und Umwelt vor giftigen Pestiziden“ auseinandergesetzt. Auf die darin enthaltene Forderung zum Verbot von Glyphosat-basierten Herbiziden antwortete die Kommission standfest „In der EU werden nur Stoffe, deren Verwendung objektiv sicher ist, genehmigt“. Sie fügte hinzu, dass es „nach einer gründlichen wissenschaftlichen Bewertung aller verfügbaren Daten über Glyphosat […] keinen Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebserkrankungen bei Menschen gibt.“

Doch wie kann sie zu diesem Ergebnis kommen, wenn doch von öffentlicher Seite genau Gegenteiliges behauptet wird? Hierfür lohnt sich ein tieferer Blick in die Zulassungsverfahren von Pestiziden in der EU. Tatsächlich sind die EU-Gesetze zu Pestiziden die striktesten der Welt. Ein aktiver Wirkstoff wird nur durch die Europäische Kommission zugelassen, nachdem ein mindestens dreijähriges wissenschaftsbasiertes Gutachten zur Sicherheit des Wirkstoffs durchgeführt wurde. Hierfür müssen umfangreiche Studien eingereicht werden, die den vergleichbaren Datenanforderungen der EU entsprechen müssen. Die Bewertung der Studien wird dann gemeinsam von den nationalen Behörden der EU-Mitgliedsstaaten und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) durchgeführt. Zusätzlich unterliegen die zugelassenen Substanzen einer regelmäßigen Neuüberprüfung. Den Empfehlungen der EFSA folgend trifft dann die Europäische Kommission eine Entscheidung zur Zulassung eines Pestizids.

Da das Thema Glyphosat aber nach wie vor in der Öffentlichkeit sehr breite Debatten auslöst, wird nun im Europäischen Parlament ein Sonderkomitee zum Autorisierungsverfahren von Pestiziden ins Leben gerufen. Im Besonderen soll dort die erfolgte Erneuerung der Zulassung von Glyphosat um weitere 5 Jahre vom November 2017 besprochen werden.

Ich befürworte generell eine turnusmäßige Überprüfung der europäischen Zulassungsverfahren für Pestizide, insbesondere darauf, ob diese den aktuellen wissenschaftlichen Stand berücksichtigen. Der hier ins Leben gerufene Sonderausschuss steht aber unter dem Eindruck der hoch emotionalisierten Glyphosat-Debatte. Vor diesem Hintergrund ist nicht davon auszugehen, dass das jetzige komplexe Zulassungsprozedere für Pflanzenschutzmittel (Verordnung (EG) Nr. 1107/2009), welches demokratisch legitimiert und in seiner Ausführung an die Europäische Kommission und die EFSA delegiert ist, einer objektiven Bewertung unterzogen wird. Das anvisierte Mandat für diesen auch Kosten verursachenden Sonderausschuss zeigt eine starke Fokussierung auf das Thema Glyphosat, anstatt die generellen regulatorischen Rahmenbedingungen, auch im Vergleich zu anderen Stoffzulassungsregularien angemessen zu vergleichen beziehungsweise zu berücksichtigen.

Eine besondere Gefahr sehen ich und meine Kollegen von der LKR in den haltlos im Raum stehenden Vorwürfen gegen die ausführenden staatlichen und unabhängigen Zulassungsbehörden. Gerade das mit der Glyphosat-Bewertung betraute Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist hiervon betroffen. Dieses hat gerade durch seine politisch nicht opportune Einschätzung seine Unabhängigkeit und somit seine Glaubwürdigkeit unter Beweis gestellt. Der Sonderausschuss darf keinesfalls als Instrument der politischen Einflussnahme gegenüber den europäischen Zulassungsbehörden missbraucht werden.

Der im Vorfeld des Sonderausschusses gesteckte Rahmen lässt leider kein objektives Ergebnis erwarten, daher lehne ich seine Einrichtung ab.

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